Das absolute Highlight jeder freien Trauung sind und bleiben die Ehegelübde des Brautpaars. Wenn die Beiden vorne stehen, sich tief in die Augen blicken und ihr Herz öffnen. „Darum bist du mein Herzensmensch und das verspreche ich dir…“ Hach, Gänsehaut und Pipi in den Augen! 

Ehegelübde bei der freien Trauung – finde die richtigen Worte

Ich trau mich nicht!

Das ist wirklich ganz oft die erste Reaktion beim Erstgespräch: Ich kann das nicht, was soll ich da schreiben? Viele denken beim Wort „Gelübde“ an ein Gedicht mit 10 Strophen, an Shakespeare oder an „Der Fels in der Brandung“ und „Die Sonne meines Herzens“. Wie gut, dass ich meine Paare hier beruhigen kann! Ein Gelübde ist genau das, was ihr daraus macht. Und wenn ihr euch noch nie einen schwulstigen Liebesbrief geschrieben habt, wird ein schwulstiges Gelübde seltsam wirken. 

Und nein, es muss auch nicht eine Seite lang sein. Zwei Sätze reichen völlig, wenn es die richtigen sind und von Herzen kommen. Einer meiner Bräutigame hatte nur einen Satz und der hat alle zu Tränen gerührt: „Nur du weißt, wie viel dieser Satz für mich bedeutet, aber du machst mich wirklich glücklich!“

Wie fange ich mit meinem Ehegelübde an?

Der erste Schritt ist meistens: Google auf und „Ehegelübde“ ins Suchfeld eingetippt. Da kommen dann eine Million Einträge mit vorgefertigten Ehegelübden, die ihr eigentlich nur ausdrucken müsstet. Sehr schlechte Idee! Denn wenn ihr euer Gelübde in der Fußgängerzone jedem x-beliebigen Pärchen in die Hand drücken könntet und es würde passen, dann ist irgendwas schief gelaufen. Je authentischer und echter euer Gelübde ist, desto mehr wird es euren Partner berühren. Setzt euch hin, nehmt ein Stück Papier und macht euch ein paar Notizen. Ich habe ein paar Denkanstöße für euch.

Man mag weil, man liebt obwohl

Die vielen Kleinigkeiten, die wir an unserem Partner lieben, machen so viel aus. Also warum nicht genau diese Dinge ins Ehegelübde packen? „Ich mag dich, weil du mir jeden Abend einen Kakao machst!“, „Ich mag, dass du mich ohne Meckern meine Zombieserie gucken lässt.“

Oder ihr schnappt euch genau das Gegenteil. Diese kleinen Marotten & Macken, die jeder hat und die den Partner immer wieder mal in den Wahnsinn treiben. „Ich liebe dich, obwohl du nie das Gartentor zumachst!“. „Ich heirate dich, auch wenn es mich verrückt macht, dass du den Teebeutel in der Spüle liegen lässt!“

Natürlich lassen sich diese beiden Punkte perfekt kombinieren: „Ich liebe dich, weil du mir jeden Tag einen Kakao machst und ich heirate dich, obwohl er immer zu heiß, zu kalt oder zu süß ist!“

Schaut in die Vergangenheit und in die Zukunft

In jeder Beziehung gibt es sie, diese magischen Momente. Die Erinnerungen, an die ihr gern zurückschaut. Das Kennenlernen, den ersten Kuss, der erste Urlaub. Manchmal sind es auch ganz alltägliche Ereignisse. Sie sind eine perfekte Einleitung für euer Gelübde. „Weißt du noch, damals, als wir das erste Mal im Flugzeug gesessen haben. Du warst so wahnsinnig aufgeregt und hast dich gleichzeitig so gefreut.“

Ihr könnt auch in die Zukunft blicken. Auf ganz konkrete Pläne oder auch auf die großen Wünsche. „Wenn ich an unsere gemeinsame Zukunft denke, dann freue ich mich auf…“. 

Große und kleine Versprechen

Wir waren ja schon beim „Man mag weil, man liebt obwohl“. Das lässt sich wunderbar umdrehen. Seien wir doch mal ehrlich, wir wissen doch ganz genau, was den Anderen an uns besonders nervt. Wie wärs mit einem (ehrlichen) Versprechen, sich genau da mehr Mühe zu geben. Bei einem meiner Bräutigame war es „Ich verspreche dir, dass ich versuche, morgens weniger grummelig zu sein und dir öfter einen Guten Morgen wünsche!“ Ehrlich, von Herzen und realistisch – ein perfektes Versprechen fürs Ehegelübde. Vor allem ist es eins: Einzigartig!

Sagt Danke

Ein „Danke“ von Herzen hat ganz viel Kraft. Und auch hier gilt: Ihr könnt euch für die kleinen Dinge bedanken: „Danke, dass du meine Launen aushältst!“, aber auch für die großen und bedeutenden: „Danke, dass du unserem Sohn die beste Mutter der Welt bist!“. 

Wie lang sollte ein Ehegelübde sein?

Hier will ich keine pauschale Empfehlung geben. Kurz und mit Herz ist sicher besser als lang und ohne Aussage. Als kleine Orientierung: Man rechnet grob mit 100 Wörtern für eine Minute Sprechzeit. Klingt kurz, aber 3 Minuten im Zentrum der Aufmerksamkeit mit schwitzigen Fingern können richtig lang werden! Übt das Gelübde zuhause einmal laut und schaut, ob ihr euch mit der Länge wohl fühlt. Länger als die Traurede sollte euer Ehegelübde aber auf keinen Fall sein.

Praktische Tipps fürs Ehegelübde

Prinzipiell bin ich der Meinung, dass bei einer freien Trauung alles, was gesprochen wird, auch von den Gästen zu hören sein sollte. Sonst schließt ihr eure Liebsten ganz einfach aus und das ist doch wirklich schade. Wenn ihr euch also für ein Ehegelübde entscheidet, sprecht es auch ins Mikro. Ist euch das unangenehm, gibt es auch die Möglichkeit, dass ihr euch die Gelübde aufschreibt und gegenseitig überreicht. So könnt ihr still lesen und trotzdem euer Herz öffnen. 

Entgegen vieler Tipps im Internet rate ich meinen Paaren IMMER und prinzipiell dazu, das Ehegelübde aufzuschreiben und mitzunehmen. In diesem emotionalen Moment versagt oft genug auch beim geübtesten Redner die Rhetorik. Und da ich so ein kleiner Sicherheitsfanatiker bin, habt ihr dadurch eine doppelte Absicherung:
Ihr könnt es frei versuchen, habt aber den Zettel als Backup. Und wenn euch am Ende die Stimme versagt, gibt es Plan C: Reicht den Zettel an euren Redner und schaut eurem Herzensmenschen tief in die Augen, während der Trauredner das Gelübde beendet.

Es geht auch ungewöhnlicher. So wie Steffi. die ihr Gelübde auf eine Klopapierrolle geschrieben hat. Den ganzen Bericht über diese Überraschungshochzeit gibt es hier.

Und der mit Abstand wichtigste Tipp: Macht euch keinen Stress beim Gelübde! Es gibt doch genügend Gründe, warum ihr genau diesen Menschen heiraten möchtet. Es kann ja nicht nur die Steuerklasse sein, dann bräuchtet ihr keine freie Trauung. Genau diese Gründe sind die optimale Grundlage für das Ehegelübde. Lieber drei Sätze aus tiefstem Herzen, als 2 Seiten voller leerer Floskeln! 

Ich biete meinen Paaren auch immer an, sie beim Gelübde zu unterstützen. Das heißt nicht, dass ich die Versprechen ghostwrite, aber ich gebe Anregungen und Tipps, wie ihr das Ganze angehen könnt.

Freut euch auf diesen wundervollen Moment. Ihr sagt dem Menschen, mit dem ihr den Rest eures Lebens verbringen wollt, was ihr fühlt und warum ihr zusammen gute und schlechte Zeiten erleben möchtet. Glaubt mir, ihr werdet es nie vergessen!

Braut und Bräutigam bei ihrem Eheversprechen bei der freien Trauung
Foto von Andreas Renner